„Die Prostata ist nur für Urologen da.“ Der Scherz unter Ärzten bezieht sich darauf, dass kaum einer weiß, wozu die Prostata gut ist, aber er rührt an einer noch tieferen Wahrheit: Denn Beschwerden „da unten“ sind oft schambehaftet oder gar tabuisiert. Im Gegensatz zu anderen Zipperlein wird das Problem mit dem „Wasserlassen“ oder „Wasserhalten“ eher selten beim Kaffeekränzchen oder Frühschoppen diskutiert. Dr. Jens Westphal, Chefarzt der Klinik für Urologie, Kinderurologie und Urogynäkologie, sowie Dr. Walter Batzill, Sektionsleiter für Kinderurologie und Urogynäkologie, leisten mit ihrer Arbeit ihren Beitrag, Betroffene von ihren Beschwerden zu befreien und ihnen die Scham zu nehmen.
Das schwierige letzte Jahr steckt allen noch in den Knochen, aber Dr. Westphal und Dr. Batzill zeigen keinerlei Spur von Müdigkeit, im Gegenteil: Die Neuorganisation der urologischen Klinik des Maria-Hilf trägt auch dem Enthusiasmus der beiden anerkannten Spezialisten Rechnung, die gut gelaunt zum Gespräch empfangen. „Gute Frage!“, freut sich Westphal, als ich ihn eingangs bitte, das Tätigkeitsfeld des Urologen zu umreißen. Er deutet auf eine abstrakte künstlerische Darstellung, die die Organe zeigt, mit denen er sich tagtäglich beschäftigt: Niere, Harnleiter, Blase, Harnröhre, Prostata und primäre Geschlechtsorgane bei Mann und Frau. Westphal ist seit 2015 als Chefarzt am Maria-Hilf tätig, mit Batzill bildet er schon länger ein „kongeniales Duo“: zwei ganz unterschiedliche Typen, geeint durch die Leidenschaft für ihr Fachgebiet und den Wunsch, ihren Patienten zu helfen. „Als ich 2015 im Maria-Hilf anfing, genoss die hiesige Urologie bereits einen exzellenten Ruf, auf dem ich aufbauen konnte“, erinnert sich der Chefarzt. „Seitdem haben wir das Spektrum kontinuierlich erweitert.“ Zwar gehörte die Kinderurologie und Urogynäkologie schon länger zum Leistungsumfang des Maria-Hilf, aber sie soll genau wie die Urogynäkologie in der neuen Firmierung nun noch mehr Aufmerksamkeit erhalten.
„Nach dem allgemeinen Verständnis ist Urologie etwas ,für Männer‘, erklärt Westphal. „Davon wollen wir weg, denn der Bedarf für urologische Behandlungen ist groß, umfasst alle Geschlechter und Altersgruppen.“ Mit der Umstrukturierung und der Ernennung von Dr. Batzill zum Sektionsleiter für Kinderurologie und Urogynäkologie hat das Krankenhaus die Grundlage geschaffen, Patienten noch besser versorgen zu können. „Der Teamgedanke wird bei uns groß geschrieben, wir haben eine hohe Kompetenz im Klinikum versammelt und arbeiten zum Wohle unserer Patienten zusammen. Dazu beziehen wir immer auch die niedergelassenen Ärzte mit ein“, resümiert Westphal. Neues Augenmerk wird nun vermehrt auf Frauen und Kinder gelegt, deren Betreuung in den Verantwortungsbereich von Dr. Batzill fällt. Der ehemalige leitende Oberarzt und jetzige Sektionsleiter, der „nebenbei“ auch noch das Alexianer Kontinenz- und Beckenbodenzentrum leitet, ist auch nach vielen Jahren Berufserfahrung immer noch von der Bandbreite seines Berufs fasziniert. „Die Beschwerden, mit denen Männer, Frauen oder Eltern mit ihren Kindern zu uns kommen, sind sehr intim“, führt Batzill aus. „Wir nehmen uns daher viel Zeit für das erste Gespräch. Die Patienten spüren, dass wir sie ernst nehmen – und ihre Behandlung hier zum Alltag gehört. Darum, ,sich unten freizumachen‘, kommen sie zwar nicht herum, aber wir lassen uns etwas Zeit bis dahin“, schmunzelt er.
Die Organe, mit denen sich die Urologie beschäftigt. Ganz unten die herzförmige Prostata. Bei der Behandlung von Kindern kommt es auf Einfühlungsvermögen und Behutsamkeit an.
Und die Beschwerden sind vielfältig: Männer leiden im Alter unter Prostatabeschwerden – Prostatakrebs ist noch immer der häufigste Krebs bei Männern –, Frauen unter Harnwegsinfekten, die Blase und Niere bedrohen. Bindegewebsschwäche begünstigt vor allem nach der Schwangerschaft den sogenannten Scheidenvorfall, das weibliche Gegenstück zum männlichen Leistenbruch. Bei Jungs kommen der Hodenhochstand und die Vorhautverengung sowie verstärkt Fehlbildungen des Penis hinzu. „Die Wissenschaft weiß noch nicht, worauf dieser Anstieg zurückzuführen ist“, berichtet Batzill. „Eine mögliche Theorie, die aktuell diskutiert wird, ist der Einfluss von Umweltfaktoren, wie zum Beispiel eine zunehmende Hormonbelastung des Grundwassers.“ Das männliche Glied ist in den frühen Entwicklungsstadien im Mutterleib eine Platte, die sich erst nach und nach zu einer „Röhre“ formt. Bei manchen Säuglingen ist diese Schließung nicht komplett vollzogen. „Wir schauen uns jeden Einzel- fall ganz genau an und untersuchen, inwiefern die Funktionalität des Geschlechtsorgans beeinträchtigt ist oder das Selbstbild des Jungen später leiden könnte. Auf dieser Grundlage treffen wir gemeinsam mit den Eltern eine Entscheidung für den weiteren Behandlungsverlauf“, beschreibt Batzill das behutsame Vorgehen.
Eine Beschwerde, die beide Geschlechter und alle Altersgruppen betrifft, ist die Kontinenzstörung. „Inkontinenz bedroht dein Leben nicht, sie nimmt es dir aber“, weiß Batzill. „Betroffene sind oft verzweifelt, verlassen mitunter ihre Wohnung nicht mehr.“ Sensibilität und Empathie sind gefragt, denn viele schämen sich für ihr unverschuldetes Leid – und sind unendlich dankbar, wenn ihnen geholfen wird. „Durch die moderne Ultraschalltechnik ist die Diagnostik heute viel genauer, dazu sind die Therapiemöglichkeiten vielseitig und die Eingriffe schonender als noch vor wenigen Jahren“, weiß der Spezialist. Westphal und Batzill sind nicht immer Freunde des Skalpells: „Sofern es eine Möglichkeit gibt, Beschwerden medikamentös oder minimalinvasiv zu lindern, ziehen wir dies einer offenen Schnittoperation immer vor“, bestätigt der Sektionsleiter. Vor allem bei den Kleinsten ist Behutsamkeit oberstes Gebot: „Auf Kinder wird ein enormer Druck ausgeübt, dabei ist es bis zum fünften Lebensjahr völlig normal, dass sie in die Hose oder ins Bett machen. Die Blasenkontrolle ist sehr komplex, dazu ist ihr Schlaf tiefer als der eines Erwachsenen“, so Batzill, selbst Vater zweier Kinder. „Sollte sich das Problem nicht auswachsen, dann wird durch den niedergelassenen Kinderarzt der Kinderurologe hinzugezogen. Die Therapie ist auch hier überwiegend konservativ. Eine Operation ist nur in seltenen Fällen, zum Beispiel bei Engen der Harnröhre, notwendig. Hier reicht dann ein winziger Schnitt, der bei Kindern immer unter Vollnarkose durchgeführt wird. Nach einer Nacht können sie wieder nach Hause“, berichtet der Kinderurologe, der als einer der ersten Urologen in NRW auch die Zusatzweiterbildung für Kinderurologie besitzt.
Bleibt noch die Frage nach der Funktion der Prostata. „Es ist eine Drüse, die die Transportflüssigkeit für die Spermien produziert“, erklärt Batzill. „Man kann sie mit einer Mandarine vergleichen: Außen eine Schale und innen Fruchtfleisch, durch das die Harnröhre verläuft. Das Fruchtfleisch fängt im Alter an, gutartig zu wuchern und verschließt dann manchmal die Harnröhre.“ In der griffigen Erklärung zeigt sich exemplarisch, was die beiden Köpfe der neu geschaffenen Klinik auszeichnet: ein lockerer, unverkrampfter Zugang zu einem für viele unangenehmen Thema. Das schafft echtes Vertrauen – und Entspannung unter der Gürtellinie.
Krankenhaus Maria-Hilf
Klinik für Urologie //Kinderurologie und Urogynäkologie Chefarzt Dr. med. Jens Westphal
Dießemer Bruch 81 // 47805 Krefeld // Tel.: KR / 334-0
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